Warum die Nutzung und Verbreitung von KI generierten Bildern ethisch problematisch ist und wie sie unsere Kulturlandschaft prägt und gesellschaftliche Missstände fördert. 

Ein weit geöffnetes Auge mit grüner Iris weint eine Träne.
Illustration: Lena Lambertz

Bilder schaffen Kultur. Sie können die Gesellschaft positiv prägen, Geschichte schreiben, aber auch Missstände verschärfen. Der Einsatz generativer KI Bilder ist aus mehreren Gründen ethisch problematisch. Sie gefährden Gesellschaft, Kultur und Kreativwirtschaft und verbrauchen Unmengen Ressourcen. Wenn KI entscheidet, welche Bildsprache unsere Gesellschaft formt, überlassen wir der Technologie und ihren Entwickler*innen die Verantwortung für die Prägung unserer Gegenwart und Zukunft. Eine Technologie, die es jedem ermöglicht, künstliche Bilder zu erzeugen, welche auf den ersten Blick nur schwer von professionellen Fotografien, Illustrationen oder Infografiken zu unterscheiden sind, birgt zudem eine besonders große Gefahr für Realitätsverzerrungen und Fehlinformationen. KI bietet aber auch positive Chancen für Bildurheber*innen – wenn diese angemessen entlohnt und bildgebende KI Systeme gezielt und verantwortungsvoll eingesetzt werden.

Bias und Stereotype 

Bildgebende KI-Systeme verstärken systematische Verzerrungen (Englisch: Bias), indem sie aus einseitigen Trainingsdatensätzen lernen und vorhandene Muster reproduzieren. Diese befördern Stereotype über Geschlecht, Körper, Ethnizität oder soziale Klassen. Das Resultat sind einseitige und diskriminierende Darstellungen, die bestehende Vorurteile verstärken und gesellschaftliche Ungleichheit fördern. Der unkritische Einsatz von bildgenerativer KI kann daher zur Verfestigung von Vorurteilen und systematischer Diskriminierung führen. 

(Quelle: Bloomberg Technology. Generative AI Takes Stereotypes and Bias From Bad to Worse (bloomberg.com))

Eine Entwicklung hin zu vielfältigen und diversen Bilddarstellungen von Menschen in den Medien wird dadurch nicht nur aufgehalten, sondern sogar umgekehrt. Um dem aktiv gegenzuwirken und Bias herauszufiltern bedarf es der sorgsamen Bereinigung von Trainingsdatensätzen sowie einem kritischen und bewussten Einsatz von bildgenerativer KI.

Manipulation und Fehlinformation

Ein besonders ernstes ethisches Problem betrifft die Manipulation von Bildern. Schon heute gibt es Software, die es ermöglicht, Bilder und Videos so zu verändern, dass sie die Realität verzerrt darstellen. Mit der zunehmenden Nutzung von KI-gestützten Bildgeneratoren könnten solche Manipulationen noch einfacher herzustellen und schwerer zu erkennen werden. Dies führt zu einer Zunahme von Fehlinformationen wie Deepfakes und anderen Formen der Manipulation, und erschweren es, echte Bildquellen und seriös recherchierte visuelle Medien von Desinformation zu unterscheiden. Gerade in politischen oder sozialen Kontexten ist dies eine Gefahr für Gesellschaft und Demokratie. So werden zum Beispiel gefälschte Bilder von politischen Führer*innen oder sozialen Bewegungen gezielt dazu eingesetzt, falsche Narrative zu fördern und öffentliche Meinungen zu manipulieren. 

Normative Schönheitsideale

Bildgenerative KI verändert unsere Sehgewohnheite in einer besorgniserregenden Geschwindigkeit. Die Trainingsdaten, mit denen bildgenerative KIs gefüttert werden, spielen dabei eine entscheidende Rolle. Diese Datensätze bestehen häufig aus massiven Sammlungen von Bildern aus dem Internet, die meist vorgefertigte Schönheitsideale widerspiegeln – insbesondere weiße, junge, schlanke Körper und cis-normative Geschlechterdarstellungen. Die ästhetischen Normen, die durch KI- und Social-Media-Filter, professionelle Retusche und digitale Manipulationen entstehen, prägen sowohl unsere Sehgewohnheiten als auch die Algorithmen der KIs.

Wenn die Algorithmen mit solchen verzerrten Darstellungen trainiert werden, produzieren sie immer extremere Schönheitsideale. Dies führt dazu, dass Betrachter*innen zunehmend unrealistische Erwartungen an ihr eigenes Aussehen entwickeln, was zu Körperunzufriedenheit bis hin zu psychischen Erkrankungen führen kann.

Generative KI Bilder verletzen Urheberrechte und gefährden Berufsstände

Der zunehmende Einsatz KI-generierter Bilder gefährdet die gesamte Kreativwirtschaft. Insbesondere Bildurheber*innen wie Illustrator*innen und Fotograf*innen bekommen das zu spüren. KI-Systeme benötigen gigantische Mengen an Trainingsdaten. Dieses Datenfundament beinhaltet unzählige kreative Werke von Urheber*innen, die dieser Art der Nutzung nicht zugestimmt haben, darüber nicht informiert wurden und dafür keine Vergütung erhalten. Dieser massenhafte Diebstahl von Urheberrechten stellt eine massive Ungerechtigkeit dar, die dringend einer Lösung bedarf.

Zeitgleich werden soziale Medien, Bilddatenbanken und online Verkaufsplattformen mit generativen Bildern geflutet und verdrängen eben jene Bildurheber*innen an dessen kreativen Kapital sie sich zuvor bedient haben. Gerade Illustrator*innen oder Fotograf*innen, die meist selbstständig arbeiten sind aber auf diese Sichtbarkeit angewiesen, um ihre Leistungen zu vermarkten.

Die Illustrator*innen Organisation (IO) – Der Berufsverband für Illustrator*innen, hat bereits durch einen Aufruf auf die Gefahren dieser Entwicklung aufmerksam gemacht. In einem offenen Brief haben sie sich an 50 namhafte Verlage gewendet und fordern in ihrem Appell dazu auf, den KI-Einsatz in Büchern kritisch zu hinterfragen.

Mara Wild, Vorsitzende der Illustratoren Organisation.

KI Bilder kosten Unmengen an Ressourcen

Eine oft vernachlässigte Problematik ist, dass KI-Technologie große Mengen Ressourcen verbraucht. Ein durch KI generiertes Bild verbraucht in etwa so viel Energie wie ein vollständig aufgeladener Smartphone-Akku. (Quelle: https://www.technologyreview.com/2023/12/01/1084189/making-an-image-with-generative-ai-uses-as-much-energy-as-charging-your-phone) Dies kommt zustande, da KI-Modelle eine außerordentlich hohe Rechenleistung erfordern. Rechenzentren verbrauchen aber nicht nur richtig viel Strom, sondern auch Unmengen an Wasser, welches zur Kühlung der Server gebraucht wird. Dies stellt insbesondere in Gebieten, die ohnehin mit Wasserknappheit zu kämpfen haben, ein enormes Problem dar. Die zunehmende Verbreitung von KI-Tools könnte somit nicht nur die Klimabilanz verschlechtern, sondern auch in wasserarmen Regionen zur Wasserknappheit beitragen. Langfristig könnte dies nicht nur die lokale Trinkwasserversorgung belasten, sondern auch politische Konflikte verschärfen. 

Chancen

Bildgenerative KI bietet aber auch Chancen für Bildschaffende – wenn sie verantwortungsvoll und gezielt eingesetzt wird. Anstatt mit wenigen Klicks Mash-Ups aus urheberrechtlich geschützen Werken zu generieren und diese unreflektiert zu verbreiten, gibt es auch die Möglichkeit, KI in einem überschaubaren Rahmen als assistive Technologie einzusetzen um Prozesse in der Bildgestaltung zu vereinfachen. Wie zum Beispiel Retusche-Aufgaben, die oft viel Zeit in Anspruch nehmen. Bilderweiterungen oder Freistellungen durch KI könnten sogar Ressourcen sparend eingesetzt werden. Designer*innen Illustrator*innen könnten zudem KI-Tools mit ihren eigenen urheberrechtlich geschützten Werken so trainieren, dass sie ihre eigene Handschrift klonen um Prozesse zu vereinfachen. Grundlage hierfür ist aber in erster Linie, dass KI-Tools kontrolliert eingesetzt werden und bildgenerative Inhalte nur dann genutzt und veröffentlicht werden, wenn die zugrunde liegenden Urheberrechte auch selbst besessen oder vergütet wurden.

Fazit

Für authentische und qualitativ hochwertige Bilder braucht es mehr als nur ein paar Klicks: professionelle Bildschaffende wecken Emotionen, prägen Wahrnehmungen und erzählen Geschichten. Dafür benötigt es eine bewusst gewählte Bildsprache und eine Interpretation und Auseinandersetzung mit den Inhalten. Um eine vielfältige Kulturlandschaft zu prägen braucht es viele unterschiedliche Perspektiven, menschliche Empathie und ein Bewusstsein für die Verantwortung, welche mit der Veröffentlichung und Vervielfältigung von Bildern einhergeht. 

Für den verantwortungsvollen Einsatz von bildgenerativer Technologie braucht es zwingend Kompetenzen in Bildsprache, Komposition und Bildkontext. Sowie ein Bewusstsein für die ethische und gesellschaftliche Verantwortung, die mit der Veröffentlichung von Bildern einhergeht. Im Umgang mit generativer KI im Allgemeinen, ist ein breiter gesellschaftlicher Dialog erforderlich. Es braucht klare rechtliche Rahmenbedingungen, die den fairen Umgang mit KI-generierten Inhalten regeln. Nur so kann sichergestellt werden, dass KI in der Bildproduktion verantwortungsbewusst eingesetzt wird, die Rechte von Menschen wahrt und unsere Kultur und Gesellschaft nicht gefährdet.