Wie eine inklusive und vielfältige Bildsprache unser soziales Miteinander positiv beeinflussen und unsere Kommunikation verbessern kann.
Indem wir möglichst viele Menschen in die Bildsprache mit einschließen, tragen wir nicht nur zu einem vielfältigeren und offeneren Weltbild bei, sondern verbessern zugleich auch die Kommunikation der Inhalte. Aber worin unterscheiden sich überhaupt die Begriffe Diversität und Vielfalt in diesem Kontext? Was bedeutet Repräsentation? Und was ist der Unterschied zwischen inklusiver und barrierefreier Bildgestaltung?
MOSAIK (2024) – Die Fotografin und Kreativdirektorin Mona Shatry hinterfragt in ihren Arbeiten den westlichen Schönheitsbegriff und schafft in ihren Fotografien Räume und Communities in denen Diversität gelebt wird.
Der Begriff Diversität verdeutlicht die ganze Bandbreite an Unterschieden, die in einem bestimmten Kontext oder einer Gruppe vorhanden sind. Diese Unterschiede umfassen Faktoren wie ethnische Merkmale, Geschlecht, sexuelle Orientierung, soziales Gender, Alter, sozialer und wirtschaftlicher Status, Behinderung und Religion. Eine diverse Bildgestaltung zeigt diese unterschiedlichen Merkmale, und berücksichtigt dabei wie und in welchem Kontext die Charaktere dargestellt werden.
Vielfalt wird oft synonym mit Diversität verwendet, beschreibt jedoch die Breite der Unterschiede in einer Personengruppe oder Umgebung im Allgemeinen. Dargestellte Vielfalt hilft dabei, menschliche Unterschiede innerhalb von Gruppen und Szenarien sichtbar zu machen und dadurch die gesellschaftliche Realität abzubilden. Hier kommt es auf eine diskiminierungssensible Bildgestaltung an, die Stereotype vermeidet und die unterschiedlichen Personen und ihre Merkmale respektvoll und gleichwertig darstellt.
Repräsentation bezieht sich auf die Sichtbarkeit von Individuen oder Gruppen in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen wie z. B. Medien, Kunst und Politik. Es geht darum, wie und ob verschiedene Gruppen sichtbar sind und anerkannt werden und ob ihre Perspektiven und Erfahrungen korrekt und frei von Diskriminierung dargestellt werden. Die Frage der Repräsentation betrifft die Qualität und Authentizität der Darstellung und deren Fähigkeit, die Realität der dargestellten Gruppen widerzuspiegeln. Menschen fühlen sich stärker einbezogen und wertgeschätzt, wenn sie in den Medien repräsentiert werden – besonders gilt dies für marginalisierte Gruppen.
Die Fotografin Jasmin Breidenbach visualisiert in ihrer Fotostrecke „Endometriose – Das Chamäleon in meinem Bauch“ die unsichtbare chronische Erkrankung Endometriose, indem sie gemeinsam mit Betroffenen Motive entwickelt, die ihre Erfahrungen und Gefühle in Bezug auf die Krankheit sichtbar machen.
Inklusive Bildgestaltung geht über die bloße Darstellung von Vielfalt hinaus und sorgt dafür, dass alle Menschen sich einbezogen und gleichwertig behandelt fühlen. Hier geht es um die Interaktion und Teilhabe aller Menschen in unterschiedlichen gesellschaftlichen Kontexten und Szenarien. Oft werden z. B. Menschen mit Behinderung auch nur im Kontext ihrer Behinderung gezeigt. Inklusive Bildsprache macht sichtbar, dass diverse Menschen mit ihren individuellen Merkmalen überall in unserer Gesellschaft zu finden sind. Sie zeigt z. B. Menschen mit Behinderung nicht nur in einer Pflegeeinrichtung oder beim Arzt, sondern auch losgelöst vom Kontext ihrer Diversitätserkmale z. B. in öffentlichen Räumen, in Kunst und Kultur, in Familien, in Bildungskontexten, in der Mode oder in der Wirtschaft.
Barrierefreie Bildgestaltung hingegen bezieht sich auf die Schaffung visueller Inhalte und Alternativen, die für verschiedene Menschen zugänglich sind. Sie berücksichtigt dabei die Anforderungen diverser Gruppen wie z. B. Menschen mit Sehbehinderungen, Hörbehinderungen oder geistigen Behinderungen. Diese Anforderungen können sich zum Teil auch widersprechen, daher ist es gegebenenfalls notwendig, mehrere Lösungen anzubieten, um alle Nutzer*innen zu erreichen. Dazu nutzen Bildschaffende Praktiken wie z. B. die Verwendung von klaren Kontrasten, die Berücksichtigung von Farbenblindheit und das Hinterlegen von Alternativtext (für Screenreader). Ziel ist es, dass Nutzer*innen die Informationen und Botschaften der Bilder unabhängig von ihren Fähigkeiten erfassen können.
Vielfalt und Inklusion – Illustration von Lena Lambertz für Studio Human.
Empathie und soziale Verantwortung
Menschliche Darstellungen, die eine Vielzahl von Identitäten (wie Geschlecht, sexuelle Orientierung, soziales Gender, ethnische Merkmale, Alter, soziale und wirtschaftliche Status, Behinderung und Religion) zeigen, tragen zur Normalisierung menschlicher Vielfalt bei. Dies hilft, unbewusste Vorurteile abzubauen und Diskriminierung zu reduzieren.
Vielfältige Bildgestaltung fördert also inklusives Denken und soziale Verantwortung, indem sie den Betrachtern verschiedene Lebenserfahrungen und Perspektiven näher bringen. Sie erweitern den Blickwinkel und fördern ein tieferes Verständnis für andere Menschen und Lebensrealitäten. Sie können sogar zu einem höheren Maß an Empathie und Verständnis für unterrepräsentierte Gruppen führen, insbesondere wenn die Betrachter*innen vorher nur begrenzten Kontakt zu diesen Gruppen hatten.
Die Illustratorin Lena Schaffer macht in dem Kinderbuch „Heute feiern wir! Feste rund um die Welt“ (Gerstenberg Verlag, ISBN: 978-3-8369-6141-7) kulturelle Vielfalt sichtbar.
Verbesserte Kommunikation
Diverse und inklusive Bildgestaltung erreicht eine breitere Zielgruppe und kann die kognitive Beteiligung verbessern, indem sie ein umfassenderes und relevanteres visuelles Erlebnis bietet. Betrachter*innen neigen dazu, den Inhalten mehr Aufmerksamkeit zu schenken und sich Informationen besser zu merken, wenn sie sich selbst repräsentiert fühlen. Dies steigert die Effektivität der Kommunikation insgesamt, führt zu einem verbesserten Verständnis der Inhalte und kann sogar positive Lernerfolge in Bildungskontexten fördern.
Durch diverse Bildgestaltung verbessern wir nicht nur die Kommunikation, sondern tragen aktiv zu einer offeneren Gesellschaft bei.